Hallo,
ich habe mich entschieden dieses Thema doch separat zu beleuchten, da es doch unter Umständen sehr kompliziert sein kann. Die schwierigsten Bremsscheiben sind die Bremsscheiben, die eine Nabe mit Anschraubfläche an eine Nabe (wie bei Autos oder auch bei unseren NORTONs) haben. Die lassen sich auch in Großserie nur in gespanntem Zustand schleifen, wogegen sich die Scheiben ohne Nabe (beispielsweise die schwimmenden Bremsscheiben auf separaten Bremsscheibenträgern) relativ einfach beidseitig gleichzeitig ungespannt schleifen lassen. Je nach Durchmesser kommen hier in der Großserie Maschinen mit Topf- Schleifscheibendurchmessern (da sie mit ihrer Planfläche schleifen) bis zu 750mm zum Einsatz. Taktzeit je nach Aufmaß: ca. 21 sec inkl. Werkstückwechsel.
Bei Schleifscheiben wie wir sie haben, wird das schwieriger:
Nehmen wir an, die Bremsfläche(n) hätte(n) einen Schlag gegenüber der Anschraubfläche. Dann müsste man die Scheibe auf der Anschraubfläche spannen und kann dann zunächst die äußere Fläche zur Anschraubfläche parallel schleifen (je nach Zeitaufwand kann man hier über einige tausendstel mm Parallelität reden). Damit hätte man zunächst den Schlag aus dieser Fläche herausgeschliffen. Man kann dann davon ausgehen, dass diese erst- geschliffene Fläche auch eben ist. Das ist wichtig, da diese Fläche ja nach dem Umspannen die Referenzfläche für die gegenüberliegende 2. Bremsfläche ist. Sowas lässt sich zum Beispiel auf einer DISKUS DV 300 (300mm Schleifscheibendurchmesser) auf einer angetriebenen rotierenden Magnetplatte machen. Die DISKUS kenne ich. Es gibt auch andere vor allem italienische Hersteller. Diese Maschinen sind genauso gut, kosten aber nur die Hälfte, weil sie in größeren Serien hergestellt werden. Eine DISKUS kostet neu, nach meinen letzten Informationen etwa 60.000,00€ und es gibt keine Serienfertigung für diese Maschinen.
In der Großserie würde man auf einer Doppelplanseiten- Schleifmaschine (beispielsweise DISKUS, FIVES GIUSTINA aber auch andere) auf der Anschraubfläche spannen und beide Flächen gleichzeitig mit 2 gegenüberliegenden Schleifscheiben schleifen. Hier reden wir aber über einen Invest von über 600.000€.
Man wird meinen, das wäre teuer. Na ja, diese Maschinen halten etwa 40 Jahre und schleifen bei einer Taktzeit von ca. 45sek. (inkl. beladen und spannen) Millionen von Bremsscheiben in Ihrer Dienstzeit. Danach kann man sie überholen und es geht weiter.
Klar ist, man kann auch drehen (jedenfalls Metall), aber das ist nicht mein Thema. Da sollten die Dreher was zu sagen. Allerdings, bei Silizium- Karbid- oder Karbon- Bremsscheiben wird man ums Schleifen nicht umhin kommen.
Gruß
Klaus
Schleifen von Bremsscheiben
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Re: Schleifen von Bremsscheiben
Sehr interessant, Klaus. Meine Frage dazu: Muss jede Bremsscheibe während der Herstellung geschliffen werden um die erforderliche Planheit(?) zu erhalten, oder ist die Toleranz in der Herstellung meist schon ausreichend?
Gruß, Klaus
Gruß, Klaus
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Re: Schleifen von Bremsscheiben
Die Tolleranzen der Hersteller liegen je nach Fahrzeug im Hundertstel Millimeterbeteich.
Wichtig ist auch das die Bremsscheibe absolut Plan ohne Rost, Schmutz, oder Beychichtungen an der Nabe spannungsfrri verschraubt ist...und die Bremszange...ggf. Führungen sauber funktionieren.....an den Punkten scheitert es meist..wenn unsauber geschraubt wurde, was zum Scheibenschlag unweigerlich führt.
Wichtig ist auch das die Bremsscheibe absolut Plan ohne Rost, Schmutz, oder Beychichtungen an der Nabe spannungsfrri verschraubt ist...und die Bremszange...ggf. Führungen sauber funktionieren.....an den Punkten scheitert es meist..wenn unsauber geschraubt wurde, was zum Scheibenschlag unweigerlich führt.
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Re: Schleifen von Bremsscheiben
Hallo Klaus,beaufort hat geschrieben:Sehr interessant, Klaus. Meine Frage dazu: Muss jede Bremsscheibe während der Herstellung geschliffen werden um die erforderliche Planheit(?) zu erhalten, oder ist die Toleranz in der Herstellung meist schon ausreichend?
Gruß, Klaus
nein, muss sie nicht. Im Gegenteil, die meisten Bremsscheiben der Standard- Autos werden heute gedreht. Das ist genügend genau. Wir hatten Anfragen (seltsamerweise meist aus China) wo die Bremsscheiben geschliffen wurden. Auch bei den hochwertigen Autos (PORSCHE, Ferrari und anderen werden die Bremsscheiben meist geschliffen. Das Schliffbild an (Guss)- Bremsscheiben ist aber meist nach den ersten 100km schon weg. Allerdings, schwimmende Bremsscheiben würde ich immer beidseitig gleichzeitig ungespannt zwischen 2 (Topf)- Schleifscheiben schleifen. Da dann immer zuerst die hohen Punkte herausgeschliffen werden. Da gibt es nach der Bearbeitung wenn überhaupt nur noch einen ganz geringen Verzug. Wir sprechen hier über Ebenheiten und parallelen Flächen zueinander von einigen tausendstel (z. Bsp. 0,005)mm.
Beim Drehen muss man ja spannen. Das geht gar nicht anders. Spannen heißt aber immer auch "Ver"- Spannen. Da sich die Aufspannfläche des Werkstücks immer auch an die Spannfläche des Spannmittels elastisch anpasst. Es wird also in eine Zwangslage gebracht und federt nach der Bearbeitung wieder in die Ausgangslage zurück. Das ergibt dann später die Ungenauigkeiten. Deswegen wird man vor dem Spannen (und vor der Bearbeitung) immer zuerst die Spannfläche bearbeiten, damit man dann später bei der Funktionsfläche genaue Spannverhältnisse hat.
Bei dem oben beschriebenen Reparatur- Schleifen gehe ich davon aus, dass die Anschraubfläche schon bearbeitet ist und somit schon eine entsprechende Ebenheit aufweist, die sich beim Spannen nicht elastisch verformt.
Etwas völlig anderes ist das Thema mit den High- Tech- Bremsscheiben aus Carbon oder irgend einem keramischen Werkstoff. Da hat man keine Chance, da muss man schleifen.
Im Übrigen, alle Welt glaubt, schleifen sei ein teureres Bearbeitungsverfahren, als eine Bearbeitung mit einer festen Schneide (z. Bsp. Drehen oder fräsen). Das ist je nach Aufmaß falsch. Zwar sind Schleifmaschinen in der Anschaffung teurer aber der Verschleiß der Schleifscheiben kompensiert diese Differenz sehr schnell wieder. Wenn es allerdings um größere Aufmaße geht, sind die Bearbeitungen mittels fester Schneide wieder im Vorteil. Hier gilt es für die Hersteller also abzuwägen. Wir jedenfalls haben rechnerisch nachgewiesen, dass sich Schleifen bei den geringen Aufmaßen (bis etwa 1,5mm pro Fläche) ökonomisch durchaus lohnt.
Nur so nebenbei: Bei BREMBO haben wir einmal einen Auftrag an einen chinesischen Hersteller verloren. Das Argument: "Ihr garantiert zwar höhere Genauigkeiten, habt auch kürzere Taktzeiten, aber die China- Maschine kostet nur die Hälfte. Für Euren Preis können wir zunächst eine chinesische Maschine und später, wenn die Stückzahlen steigen eine zweite kaufen.
Soviel zur Konkurrenzfähigkeit der deutschen Werkzeugmaschinen- Industrie. Wir müssen uns warm anziehen. Die Chinesen kommen und liefern mittlerweile sogar recht ordentliche Qualität von industriell verwendbaren Maschinen. Der Vorsprung der deutschen (und schweizerischen) Werkzeugmaschinen- Industrie schmilzt langsam dahin, die Wirtschaftlichkeit unserer Maschinen wird damit immer fragwürdiger.
Gruß
Klaus
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Re: Schleifen von Bremsscheiben
Hallo,Öko hat geschrieben:Die Tolleranzen der Hersteller liegen je nach Fahrzeug im Hundertstel Millimeterbeteich.
ja, das ist wohl richtig.
Allerdings findet für eine Abnahmeprüfungen von Werkzeugmaschinen (Prozess- Fähigkeit, die schließt nicht nur die Maschine sondern auch die Werkzeuge, Kühlmittel usw. mit ein) immer auch eine statistische Auswertung (cmk, für die Vorabnahme cpk, für die Endabnahme) statt. Hier gilt es möglichst gleichmäßige Toleranzwerte im einzuhalten. Traue Dich nicht an die absoluten Zeichnungs- Toleranzen heran zu gehen. Die erzielten Toleranzwerte müssen bei einigen Prozenten der Zeichnungstoleranzen (also Mµ- Bereich) liegen, sonst bekommst Du deine Maschine nie abgenommen und entsprechend auch kein Geld. Dabei gilt es aber nicht nur Maßtoleranzen, sondern auch Formtoleranzen, und natürlich auch die Taktzeit einzuhalten. Das bedeutet für die verantwortlichen Techniker oft gewaltige Kopfschmerzen vor allem dann, wenn es sich um unbekannte Materialien handelt. In diesem Fall werden allerdings vorher Versuche gefahren, bei denen vor allem die Schleifmittel getestet werden.
So, das war's jetzt; ich möchte hier nicht weiter ins Detail gehen. Wir wollen ja hier um Reparatur- schleifen reden.
Gruß
Klaus