Dichtmassen

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Phil
SuFu Fetischist
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Dichtmassen

Beitrag von Phil »

Stand: 28. Februar 2025

Hallo Leute,

eine wichtige Anmerkung vorab: Das How to-Ding soll zeigen, wie man das machen kann. Jedwede Verantwortung für die Richtigkeit des Vorgehens lehne ich ab, Ihr macht das ggf. auf Euer eigenes Risiko nach oder auch nicht. Korrekturen oder zusätzliche Anmerkungen sind willkommen und gern gesehen.

:halloatall:

Weiter geht es mit den Standard-Reparaturanweisungen bzw. Abhandlungen zu technischen Themen.

Hier labere ich Euch konkret zum Dichtmassen zu, also welche Dichtmasse nehme ich wofür.

Es wäre echt toll, wenn Ihr Eure Erfahrungen und Produktvorschläge auch in den Faden reinschreiben würdet.

Bei Bedarf kann mein alter ego Mod1 das auch alles zusammen in einen Beitrag packen, wäre das gewünscht, selbstverständlich mit Nennung des Tippgebers.

Um den Empfehlungen etwas Struktur zu geben, bietet es sich an, die Dichtmasse mit dem zugehörigen Technischen Datenblatt TDS zu verlinken.

Dann am besten die Information Anwendung wofür, Auftrag mit welchem Werkzeug, ggf. Dichtungsmasse zu lösen mit welchem Lösungsmittel.

Ach ja, bitte seid Euch drüber im Klaren, dass die genannten Dichtmassen und Hilfsmaterialien chemische Produkte sind, mit deren Umgang durchaus auch Gefahren für Eure Gesundheit einhergehen.
Mein Tipp dazu ist, dass Ihr Euch neben den technischen Merkblättern auch die jeweiligen Sicherheitsdatenblätter der Stoffe besorgt, diese lest und die empfohlenen Verhaltensweisen darin beherzigt. Es geht um Eure Gesundheit, teilweise sind bei Lösungsmitteln auch nicht unerhebliche Gesundheits- und Brandgefahren vorhanden.

Ich zitiere mal aus dem technischen Datenblatt eines beliebigen Dichtmasse:
Bei der Verarbeitung von XXX Produkten sind die physikalischen, sicherheitstechnischen, toxikologischen und ökologischen Daten und Vorschriften in unseren EG-Sicherheitsdatenblättern zu beachten.
Beachtet das in Eurem eigenen Interesse, und sorgt auch immer für ausreichende Belüftung am Anwendungsort.


Und los geht’s….

Aber wie immer gilt, die Empfehlungen sind immer subjektiv.
Wie sagt der Angelsachse so schön? Take it with a grain of salt… :mrgreen:

Vielleicht noch was vorweg.

Es ist bei allen mir bekannten Dichtmassen zwingende Voraussetzung, dass die zu behandelnden Flächen sauber und fettfrei sind.
Meiner Erfahrung nach funktioniert Entfetten am besten mit Bremsenreiniger, sozusagen als Vorwaschgang und dann die eigentliche Entfettung mit Aceton.

Eines meiner Lieblingswerkzeuge zum Aufbringen verschiedener Dichtmassen ist ein sogenanntes Stukkateureisen, die gibt es in verschiedenen Breiten, ich bevorzuge die Breite 10 mm. Die haben ein flaches und ein zugespitztes Ende, was vorteilhaft im Gebrauch bzw. beim Aufbringen der Mumpen sein kann.

Und jetzt zu den Dichtmassen als solchen.

Weicon Black Seal

Weicon Black Seal ist mein Favorit in Sachen Silikondichtmasse.

Das Zeug kann man nehmen für Abdichtungen zwischen Kurbelhaushälften, Getriebedeckeln, auch um z. B. die Nadellagerbuchsen eines A65-Getriebes zum Getriebegehäuse hin abzudichten und an vielen anderen Stellen auch, wo man Silikondichtmassen verwendet.

Das Zeug ist öl- aber nicht benzinbeständig, also Obacht.

Es ist ein Hochtemperatursilikon, man kann es auch zur Unterstützung einer Cu-Kopfdichtung an ölführenden Stellen wie z. B. dem Stößeltunnelbereich bei einer A65 nehmen. Aber bitte nur ganz dünn, Ihr wollt nur unterstützen.

Meiner Erfahrung nach ist Silikon kein Problem in Sachen im Öl herumschwimmende Dichtungsreste. Silikon bleibt im Inneren des Motors am Platz, wo es herausgequollen ist, wenn man nicht viel zu viel davon aufgetragen hatte.

Auf der Sichtseite der Fügestellen, zum Beispiel eines Kurbelhauses, kann man das Silikon nach Erhärtung ganz einfach mit dem Finger abrubbeln.

Das Weicon-Silikon ist gut zu verarbeiten, lässt sich recht dünn ausstreichen und hat eine vergleichsweise unauffällige Farbe.
Die Hautbildungszeit beträgt ca. 7 min laut Datenblatt, also Ihr dürft nicht trödeln bei der Anwendung.

Auftragen tue ich das in der Regel mit einem Spachtel oder Spatel oder mit dem ganz oben verlinkten Stukkateureisen. Man kann es auch mit einem Einmalhandschuh aus Vinyl- oder Latex mit dem Finger auftragen und verstreichen. Wenn Ihr das mit den Handschuhen macht, dann sucht Euch welche ohne Talkumierung. Ob es am Ende die Funktion der Mumpe behindert oder nicht, das kann ich nicht sagen. Aber man muss ja nichts in die Dichtmasse eintragen ohne Not.

Mir ist kein richtiges Lösemittel für erhärtete/abgebundene Silikondichtmassen bekannt, man kann das aber mechanisch ablösen, indem man das Zeug abrubbelt oder abschneidet.

Was auch ganz gut mit dem Black Seal geht, ist (push in-) Krümmer in den Kopf einkleben.

Zum Beispiel bei den A65 sind die nur eingesteckt und rütteln teilweise die Bohrungen im Kopf so weit auf, dass die Krümmer dann da abblasen. Mit dem Black Seal wird es an dieser Stelle dicht.

Am Umfang des Krümmers kann das Silikon die Temperatur ab, wenn etwas Dichtmasse in den Flammweg des Krümmers überstehen sollte, verbrennt das unmittelbar nach dem Antreten des Motors.

Lasst dem Silikon genügend Zeit, um abzubinden. Also nicht zusammenschrauben, gleich Öl rein und antreten. Ich warte da in der Regel immer 12 h oder gleich 24 h. Weicon sagt im TDS, dass nach 24 h 2-3 mm durchgehärtet wären.


Loctite MR5922

Am Anschluss von Vergasern oder Pertinaxplatten aka tufnol washers zum Kopf hin nehme ich gerne Loctite MR 5922. Das ist die einzige mir bekannte Dichtmasse, die wirklich benzinbeständig ist, was eben in der Umgebung von Vergasern ein echtes Argument ist.

Henkel sagt, man könne das 5922 auch gut zur Unterstützung von Papierdichtungen, beidseitig aufgebracht, nehmen, was ich aber bis dato noch nicht ausprobiert hatte.

Auftragen tue ich das in der Regel mit einem Spachtel oder Spatel oder mit dem ganz oben verlinkten Stukkateureisen. Das passt auch mit der Anwendungsempfehlung im TDS.
Für den Auftrag mit einem Einmalhandschuh aus Vinyl- oder Latex mit dem Finger wäre das Zeug aus meiner Sicht eh zu pastös, es ließe sich mit dem behandschuhten Finger kaum ausstreichen.

Das 5922 bindet nicht sehr schnell ab, Ihr habt deutlich mehr Zeit zum Verarbeiten/Aufbringen im Vergleich zu Weicon Black Seal, bei dem 5922 sind 20 oder 25 min meiner Erfahrung nach kein Problem.

Lasst dem Material nach dem Einbau genügend Zeit, um abzubinden.
Also nicht zusammenschrauben, gleich Öl rein und antreten. Ich warte da in der Regel immer über Nacht oder gleich volle 24 h.
Henkel sagt im TDS, dass nach 4 h Funktionsfestigkeit da wäre, vollkommen abgebunden sei es nach 24 h.

Das 5922 könne mit Isopropanol angelöst werden. Isopropanol bekommt Ihr in der Apotheke, das ist ein Alkohol, wenn auch nicht zum Verzehr geeignet.

Ihr bekommt also Eure Werkzeuge damit wieder schön sauber.

Wenn die 5922-Mumpe lange angetrocknet oder heiß geworden ist, möge man es mit dem Zeug über Nacht einweichen, dann würde es weich, sagt Henkel.


Hylomar M

Und nun noch eine Dichtmasse, die immer mal wieder ziemlich kontrovers diskutiert wird, aber ich hatte damit dem Grunde nach ganz gute Erfahrungen gemacht in der Vergangenheit.

Hylomar ist eine Dichtmasse, die sich eigentlich ganz gut eignet, um Papierdichtungen zu unterstützen.
Leider habe ich bzw. ein Mitforisto gerade die Erfahrung gemacht, dass Hylomar sich beim Einsatz zur Unterstützung an einer Zylinderfußdichtung wahrscheinlich wohl doch nicht eignet.
Gängig im Handel ist das Hylomar M, das L oder H ist nicht leicht zu bekommen.

Das Hylomar-Zeug hat aber auch unabhängig von des Mitforistos Malesten in der Tat seine Tücken. Es bleibt plastisch und bindet nicht, wie zum Beispiel eine Silikondichtmasse, ab.

Wenn Ihr das zu üppig aufbringt, dann kann es passieren, dass es Euch Ölsiebe oder ähnliches zusetzt, weil es wegschwimmt, wo es nicht zwischen Dichtfläche und Dichtung fixiert ist.

Der Hersteller Hylomar sagt im TDS, das Zeug sei auch benzinbeständig, das kann ich aber so nicht bestätigen, vielleicht hatte ich bei meinen diesbezüglichen Unpässlichkeiten bzw. Leckagen aber auch einen Anwendungs- oder Auftragsfehler gemacht. Das ist durchaus möglich.

Der Hersteller sagt, man könne das Hylomar auch gut zur Unterstützung von Papierdichtungen, beidseitig aufgebracht nehmen, und genauso auf metallische Verbindungen wie Kurbelhaushälften, wo eben keine Dichtung liegt.
Ich hatte das Zeug früher auch an den SR/XT 500 genommen, wo man ein Kipphebelgehäuse auf den eigentlichen Kopf ohne Papier- oder Gummidichtung verbaut. Ich bin dann aber weg von Hylomar in dem Bereich und zu Silikondichtmasse, weil ich mal blaue Brocken auf einem Ölsieb gefunden hatte.

Es ist aber gut geeignet, um die Papierdichtungen so à la Primärdeckel oder auch den Deckel vor dem Ritzel im Primärdeckel zu unterstützen. Man kann dann besser sehen, wenn die Dichtung flächig anliegt und trägt, wenn eine Wurst aus Hylomar da rausquillt.

Auftragen tue ich das in der Regel mit einem Spachtel oder Spatel oder mit dem ganz oben verlinkten Stukkateureisen. Das passt auch mit der Anwendungsempfehlung im TDS.

Hylomar ist meiner Erfahrung nach ziemlich unkritisch, was die Verarbeitungszeit angeht, Ihr habt genügend Zeit zum Verarbeiten/Aufbringen.
Wenn man es auf Papierdichtungen aufbringt, dann baut man die ein, wenn die Mumpe abgelüftet ist und nicht mehr klebt auf der Oberfläche, so wie das auch im TDS steht.

Hylomar ist entweder mit dem Hylomar-Reiniger aka Hylomar Cleaner löslich, es geht aber auch mit ganz normalem Aceton, das ich eh immer am Start habe, um zu entfetten.
Wenn man sich das TDS anschaut, ist das auch kein Wunder, weil da steht, dass Aceton darin enthalten ist.

Nach der Montage herausgequollenes Hylomar kann man also mit einem Aceton-getränkten Lappen prima abwischen, genauso leicht bekommt man sein Werkzeug davon sauber.


Jetzt noch was Zusätzliches in Sachen anaerober Dichtungskleber:

Vorhin hatte ich über die SR/XT 500 geschrieben, wo das Kipphebelgehäuse auf den eigentlichen Kopf ohne Papier- oder Gummidichtung verschraubt wird, also direkt Metall auf Metall.

Für eine solche Abdichtung empfiehlt sich der Einsatz von Loctite 518. Das ist eine Art Kleber, der dann unter Sauerstoffausschluss abbindet. Die angegebene Spaltüberbrückung beträgt laut TDS 0,25 mm. Das funktioniert an dieser Stelle meiner Erfahrung nach einwandfrei.

Eigentlich wäre das das richtige Material, um die Kurbelhaushälften bei einem Motor zu verschrauben, allerdings muss ich gestehen, dass ich mich das noch nicht getraut habe, weil ich nicht sicher bin, ob bei der Bearbeitung der Dichtflächen seinerzeit im Werk hier dieses Maß eingehalten wurde. Seufz….


Das war es auch schon, jetzt hoffe ich auf Eure Tipps.


Beste Grüße

Ph.
Zuletzt geändert von Phil am Freitag 28. Februar 2025, 14:39, insgesamt 1-mal geändert.
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jan
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Re: Dichtmassen

Beitrag von jan »

...mein Favorit, bereits verschiedentlich erwähnt, ist ja die Kupfer-Silikon-Pampe Loctite 5920.
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Ralph G.Wilhelm
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Re: Dichtmassen

Beitrag von Ralph G.Wilhelm »

Ich, als ewig gestriger, benutze immer noch gerne Wellseal.
ist nicht für alles geeignet, aber bei Gehäusen ohne zusätzliche Dichtung erste Wahl.
Work is the curse of the drinking classes (O.Wilde)
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Phil
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Re: Dichtmassen

Beitrag von Phil »

Phil hat geschrieben: Freitag 28. Februar 2025, 11:25...
Es wäre echt toll, wenn Ihr Eure Erfahrungen und Produktvorschläge auch in den Faden reinschreiben würdet.
...

Um den Empfehlungen etwas Struktur zu geben, bietet es sich an, die Dichtmasse mit dem zugehörigen Technischen Datenblatt TDS zu verlinken.

Dann am besten die Information Anwendung wofür, Auftrag mit welchem Werkzeug, ggf. Dichtungsmasse zu lösen mit welchem Lösungsmittel...
Hmmmm....
jan hat geschrieben: Freitag 28. Februar 2025, 11:51...die Kupfer-Silikon-Pampe Loctite 5920.
Ralph G.Wilhelm hat geschrieben: Freitag 28. Februar 2025, 12:36... benutze immer noch gerne Wellseal.
ist nicht für alles geeignet, aber bei Gehäusen ohne zusätzliche Dichtung erste Wahl.
Liebe Leute,

könnt Ihr für Eure Empfehlungen vielleicht die ganz oben reinzitierten Angaben mitliefern?

Das würde es den Suchenden hier im Forum, so es die denn geben sollte, helfen bei der Auswahl einer Mumpe.

Schöne Grüße

Ph.
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Se Nü
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Re: Dichtmassen

Beitrag von Se Nü »

Meine Lieblingspampe ist Elrings Dirko HT grau

Fällt kaum auf an Alu Teilen da eben Maus-Grau. Temperaturfest und lässt sich leicht lösen mit einer Pommesgabel, Rattenhaut und Aceton. Schmier ich überall drauf wenns nicht gerade Zylinderkopf ist. Auch hier braucht es etwas Zeit zum aushärten.

https://web.tecalliance.net/elring/de/p ... mberType:0

Datenblatt gibts zum hier:
https://www.elring.de/CELUM/10008/10019 ... 020_DE.pdf
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Der Tod, der Gläubiger, der Regen, die kommen immer ungelegen.
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Joachim
Four Stroker
Beiträge: 19
Registriert: Dienstag 8. Oktober 2019, 09:00

Re: Dichtmassen

Beitrag von Joachim »

Anschluss von Vergaserstutzen zu Pertinaxplatten und Pertinax zum Kopf hin nehme ich Curil T2 (grün), ist Kraftstoff beständig
TDS unter https://www.elring.de/fileadmin/elring/ ... 021_DE.pdf
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Henrik
Manxman
Beiträge: 219
Registriert: Dienstag 1. August 2023, 22:54

Re: Dichtmassen

Beitrag von Henrik »

Falls die Mumpe mal wieder runter muss...

Ich war heute von folgendem Produkt recht überzeugt.

https://www.weicon.de/dicht-und-klebsto ... n/10026705

Hat beim Lösen von Hylomar wirklich einen guten Job gemacht.

Ja, Aceton geht da auch. Aber im direkten Vergleich empfand ich das WEICON-Wundermittel als hilfreicher.
Aceton löst die Oberfläche an, wobei dieses Produkt es schafft, eine deutlich tiefere Eindringtiefe zu erreichen und in einem Arbeitsgang mehr abzulösen.

Achtung! Da das Produkt Lack angreift, habe ich es zuerst auf eine Blatt Papier aufgesprüht und im Anschluss mit einem Pinsel aufgetragen.

TDB: https://media.weicon.de/fmds/446651/dld:inline
SDB: https://media.weicon.de/fmds/436210/dld:inline

Beste Grüße
Henrik
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