BSA Unit Twin Steuerzeiten bzw. Steuerrädermontage

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Phil
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BSA Unit Twin Steuerzeiten bzw. Steuerrädermontage

Beitrag von Phil »

Stand: 28. November 2023

Hallo Leute,

eine wichtige Anmerkung vorab: Das How to-Ding soll zeigen, wie man die jeweiligen Instandsetzungen bzw. hier Einstellungen machen kann.
Jedwede Verantwortung für die Richtigkeit des Vorgehens lehne ich ab, Ihr macht das auf Euer eigenes Risiko ggf. nach oder auch nicht. Korrekturen oder zusätzliche Anmerkungen sind willkommen und gern gesehen.

:halloatall:

Weiter geht es mit den Standard-Reparaturanweisungen, bzw. hier konkret mit der Anleitung zum Einstellen der Steuerzeiten an einer A50/A65.
Wobei der Ausdruck ‘Steuerzeiten‘ eigentlich fast schon übertrieben ist, weil es geht hier wirklich nur um die richtige Position von Nockenwelle und Kurbelwelle zueinander.

Eigentlich muss man die Steuerzeiten via der Räder nur einstellen, wenn man den Motor komplett zerlegt und das Kurbelhaus auseinander baut.

Ansonsten gibt es da eigentlich nichts, was die Überprüfung bzw. das korrekte Einstellen der Steuerzeiten im genannten Sinne von Kurbel- und Nockenwelle laufen richtig zueinander, nötig machen würde.

Wenn man aber bei demontiertem inneren Steuerdeckel aka inner timing cover das Zwischenrad aka idler pinion versehentlich rauszieht oder es rausrutscht bei der Demontage des Deckels, dann kommt man nicht umhin, das Rad in der richtigen Position wieder aufzustecken.

Leider passiert das eigentlich öfter, als einem lieb ist.

Das Zwischenradel bleibt manchmal im Simmerring hängen, oder man schusselt es mit ungeschickten Fingerchen raus.

Den idler pinion dann einfach so wieder reinstecken, das geht in der Regel nicht, weil bei montiertem Kopf mit Stößelstangen drin verdreht sich die Nocke eigentlich immer, wenn man das Zwischenrad rausnimmt.
Das muss so sein, weil bei einem Gleichläufer-Twin ist immer mindestens ein Ventil offen, und die Ventilfedern schieben das aus der Position.

Das war das Präludium, und los geht’s …


Das workshop manual:

Die BSA-Leute haben meiner Meinung nach mit ihren originalen workshop manuals einen tollen Job gemacht. Wenn man die manuals en détail liest, findet man eigentlich immer ausreichend Informationen, wie einzelne Schritte der anstehenden Arbeiten ausgeführt werden müssen.

Leider gilt das nicht für die hier besprochene Positionierung der Steuerräder zueinander, will sagen: des Kurbelwellenzahnrads, des Zwischenrades und des Nockenwellenzahnrads.

Die BSA-Leute haben es sich da ziemlich einfach gemacht und schreiben, es gäbe Markierungen, die beim korrekten Zusammenbau des Steuertriebs helfen, man möge sich damit vertraut machen, bevor man die Zahnräder ausbaut.

Ach ja, es gibt noch eine Skizze dazu, die zwar korrekt ist, aber auf einen wesentlichen Punkt, der später noch besprochen werden wird, nicht hinweist.

Das vorgeschlagene Vorgehen ist ja ganz nett, hilft aber nicht weiter, wenn einem das Zwischenrad beim Abbau des inner timing cover mit entgegenkommt oder man ggf. einen Teilehaufen zu einem funktionablen Motor machen will.
Da hat der geneigte Schrauber schlicht keine Möglichkeit, sich mit den Stellungen der Räder und der zugehörigen Markierungen vertraut zu machen, sondern findet halt etwas vor, mit dem er dann umgehen muss.


Die Markierung auf den Kurbelwellenzahnrad:

Auch nicht super-hilfreich ist die Tatsache, dass das Kurbelwellenzahnrad oft relativ schwach markiert ist. Ich hatte da schon meine liebe Not, bei manchen Radels die Markierung zu finden.

Hier ein Beispiel eines vergleichsweise gut markierten Kurbelwellenzahnrads. Wichtig ist dabei, dass der Zahn als solcher, also wenn man das mit den Ausdrücken Berg und Tal beschreiben wollte, ist hier der Berg markiert.

Wenn man sich das Bild genau anschaut, kann man erkennen, dass der markierte Zahn (also der Berg) der erste links von der Nut für die Passfeder aka woodruff key ist. Der unmarkierte Zahn rechts davon sitzt in der linken Flucht der Nut.

Bild

Wenn die Markierung arg schlecht angebracht ist und man sie genau verifizieren will, geht das nur über die Position in Bezug auf die Passfedernut.

Ich würde mich niemals never ever auf die Ausfräsung für den Abzieher verlassen. Keiner kann Euch sagen, ob diese Ausfräsung immer an der gleichen Stelle angebracht wurde.

Um aber die Nut sehen zu können, müssen die Mutter, der Ölpumpenantrieb und die Scheibe unter dem Antrieb von der Kurbelwelle runter. Ach ja, an der Stelle ist ein Linksgewinde, also im Fall der Fälle im Uhrzeigersinn lösen und bei der Wiedermontage einen neuen tab washer nehmen.
Die Chose abzubauen geht ganz gut bei demontierter Ölpumpe, wenn die Pumpe drauf ist, ist es arg fummelig. Ich hoffe deshalb für Euch, die Markierung auf dem Radel Eures Mopeds ist gut zu sehen.


Die Markierungen auf dem Zwischenrad:

Hier sind die Markierungen auf dem Zwischenrad (hier selbiges ohne die Achse, die eigentlich eine Welle ist) zu sehen.

Die Markierungen sind nicht auf dem Zahn, sondern zwischen 2 Zähnen. Um in dem zuvor erwähnten Bild zu bleiben, auf dem Zwischenrad sind zwei Täler markiert. Die Werksstempelung mit einem Strich sieht aus, als hätten sie da mit einem Meißel drauf geklopft.

Eigentlich braucht man die Markierungen gar nicht, weil sie absolut symmetrisch sind. Die Markierungen halbieren das Zwischenrad, zwischen den markierten Tälern des Zahnrads sind genau 22 Zähne. Das Radel hat also 44 Zähne gesamt.
Solange man die Einteilung des Zahnrads in genau zwei Hälften einhält, ist die Position der Markierungen auf dem Rad nicht relevant.

Bild

Die Markierung auf dem Nockenwellenzahnrad:

Hier ist die Markierung auf zwei Nockenwellenzahnrädern zu sehen. Das linke ist aus meiner ollen Lightning, das rechte aus einer oif-Firebird Scrambler.

Bild

Eigentlich ist der Zahn, auf den es ankommt, durch die Werksstempelung mit dem Strich gut zu sehen, wahrscheinlich hatten die da auch mit einem Meißel drauf geklopft.

Und es ist, genau wie beim Kurbelwellenzahnrad, der Zahn als solcher markiert, also der Berg.

Wenn man sich aber das linke Radel genau anschaut, kann man erahnen, dass da noch irgendein Kasper, der an dem Moped zu Gange war, Körnerpunkte an 3 weiteren Zähnen unterhalb der eigentlichen Markierung rein geklopft hat.

Das ist meiner Meinung nach ein Rezept für Desaster, weil das wirklich verwirren kann.


So wird das montiert:

Es ist bei zerlegtem Motor ganz leicht, man dreht die Kurbelwelle so hin, dass die Markierungen vom Kurbelwellenzahnrad und des Zwischenrads in der richtigen Gegend sind.

Die Nockenwelle dreht man so hin, dass die Markierung des Zahnrads auch so ungefähr in die Richtung der Markierung des Zwischenrads zeigt.

Dann geht man her und steckt das Zwischenrad rein. Dabei muss der markierte Zahn des Kurbelwellenradels, also der Berg, in das eine auf dem Zwischenrad markierte Tal eingreifen.

Hier sieht man das, Se Nü zeigt mit dem Finger drauf.

Bild

Jetzt dreht Ihr den Motor einfach etwas weiter und schaut dabei, ob sich beim Durchdrehen dann der markierte Zahn des Nockenwellenradels, also der Berg, in das auf dem Zwischenrad genau gegenüber markierte Tal eingreift.

Und wieder zeigt der Finger von Se Nü drauf.

Bild

Wenn die zweite Markierung, das Tal, auf dem Zwischenrad nicht auf der Markierung des Nockenwellenradels, dem Berg, rauskommt, dann könnt Ihr das nicht lassen. Zieht dann das Zwischenrad wieder raus, verdreht die Nockenwelle ein wenig und versucht es nochmal.

Das macht Ihr so lange, bis das gut ist und Ihr beim Durchdrehen des Motors zuerst die Markierungen auf Zwischenrad und Kurbelwellenrad passend und dann bei weiterem Drehen die Markierungen auf Zwischenrad und Nockenwellenrad passend habt.

Jetzt dreht den Motor nochmal zwei Kurbelwellenumdrehungen weiter, und überprüft die Markierungen nochmal. Wenn Ihr das aber beim ersten Mal richtiggemacht, passt es jetzt auch noch.

Der Witz an der Chose: Es ist bei den A50/A65 niemals der Fall, dass die Markierungen auf den drei Rädern auf ein Mal decken.

Das ist bei den A50/A65 ein Unterschied zu den BSA A10 oder den Triumph-Twins. Bei diesen Modellen decken sich die Markierungen ohne Weiterdrehen der Kurbelwelle.

Die Angabe, auf die meiner Meinung nach im workshop manual nicht deutlich genug verwiesen wird, das ist, dass man den Motor weiterdrehen muss, um die zweiten Markierungen zur Deckung zu bekommen.

Es ist ein wenig trial and error, weil man das zumindest ohne Erfahrung nicht auf Anhieb hinbekommt.

Mit etwas Erfahrung sieht man aber schon, wie das Nockenwellenrad stehen muss, damit der markierte Zahn an der Markierung des Zwischenrads rauskommen wird.

Ist Euch das Zwischenrad rausgerutscht oder habt Ihr es willentlich bei aufgesetztem Kopf und Stößelstangen demontiert, dann geht das im Prinzip genauso.

Der einzige Unterschied zum zerlegten Motor ohne Kopf drauf ist dabei, dass Ihr eben das Nockenwellenrad nicht von Hand, sondern nur an der Mutter mit einem Maulschlüssel drehen könnt, weil Ihr immer irgendeine Ventilfeder zusammendrücken müsst.

Deshalb braucht man dann in der Regel eine größere Anzahl von Versuchen, bis sich die Markierungen decken beim Durchdrehen des Motors.

Mehr ist es nicht, aber beim ersten Mal kann das schon verwirrend sein.


Und so macht Ihr das bitte nicht:

Anbei mal ein Beispiel, wie Ihr das bitte nicht, niemals, never ever machen dürft.

Das steht auch an anderer Stelle irgendwo im Forum drin, aber hier passt es thematisch gut rein.

Da hatte ein Ami seine neu erworbene A65 mit Klappergeräuschen diagnostiziert.

Irgendwann hat er den Kopf runtergemacht und die Eindrücke der Ventile in den Taschen der Kolben gesehen.

Bild

Nicht schön, also hatte der bei der Fehlersuche dann mal den Steuerdeckel abgebaut, um sich die Steuerzeiten anzusehen.

Et voilà, das hat er dann vorgefunden.

Bild

Irgendein DPO war mit dem Prinzip des Kurbelwelle weiterdrehen arg herausgefordert und hat sich selber eine Markierung auf das Zwischenrad gemacht, ganze 3 Zähne neben der Sollposition.

Mit diesem Versatz lief die Nockenwelle ca. 24,5° Kurbelwinkel von ihrer Sollposition aus gesehen hinterher, falls ich mich nicht verrechnet habe.

Da wundert es nur minder, dass mit diesen Steuerzeiten die Einlassventile die Kolben touchiert haben.


Egal, wenn Ihr den kleinen Artikel gelesen habt, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich geringer, dass Ihr diesen Fehler machen werdet. Ihr werdet das sicher anders lösen als der Ami, nämlich richtig.

Wobei, Fehler machen wir alle. :pfeiffen:


Das war es auch schon. Vielen Dank für Eure Geduld.

Sehr sehr gerne lass' ich mich korrigieren, falls in dem Artikel was Falsches oder Zweifelhaftes stehen sollte.

Tut Euch bitte keinen Zwang an.

Beste Grüße

Ph.
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