BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

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Phil
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BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Phil »

Stand: 27. Juli 2023


Hallo Leute,

und weiter geht es mit den Standard-Reparaturanweisungen.

Eine wichtige Anmerkung vorab: Das How to-Ding soll zeigen, wie man das machen kann.
Jedwede Verantwortung für die Richtigkeit des Vorgehens lehne ich ab, Ihr macht das ggf. auf Euer eigenes Risiko nach oder auch nicht. Korrekturen oder zusätzliche Anmerkungen sind willkommen und gern gesehen.

:halloatall:

Es geht um das allseits beliebte Einstellen der BSA- und Triumph-3 Feder-Kupplung.
Das Prinzip der Einstellung ist auch bei einer Kupplung mit z. B. 4 Federn dasselbe, ggf. kann dieses how to auch da eine gewisse Hilfestellung geben.
Erstmal ein pic von dem Werkzeug, das man dafür braucht bzw. das ich dafür nutze.

Bild

Glasplatte, dünne Fühlerlehren und ein Schlitzmutterndreher. So ein Schlitzmutterndreher ist ein tolles Ding, um später die Einsteller der Federn zu drehen. In der Größe M8 x 150 taugt er IME prima, man muss nur die Spitze mit drei oder vier Feilenstrichen dünner machen, damit er satt in den Nuten der Einsteller sitzt.

Eigentlich ist das Ganze kein echtes Hexenwerk, gleichzeitig ist es aber halt doof gemacht, weil man die Kupplungsfedern so vorspannen muss, dass die Kupplung satten Kraftschluss hat und das Drehmoment des Moders überträgt, die Kupplung aber ausgerückt sauber trennt (aka kein signifikantes Schleppmoment überträgt) und gleichzeitig die Druckplatte nicht taumelt, was eine rupfende, im Sinne von nicht gleichmäßig einrückende, Kupplung nach sich zöge.

Wenn die Kupplung nicht sauber trennt und durch zu weit vorgespannte Federn zuviel Schleppmoment überträgt, kratzt das gerne beim Schalten und geht auf das Getriebe bzw. verhunzt das längerfristig, und man bekommt stehend den Leerlauf nicht rein, wenn man vom ersten oder zweiten Gang aus den Leerlauf einzulegen wünscht.

Der Schlüssel zum Glück bzw. die wesentlichen Punkte für eine funktionierende Kupplung sind IME nachfolgend aufgelistet:

- plane Stahlscheiben
- funktionable Reibscheiben
- entsprechend funktionable Kupplungsfedern mit passenden Federnäpfen
- gleichmäßig abhebende, nicht taumelnde Druckplatte
- Kraftschluss beim Treten
- vollständiges Lösen bzw. möglichst geringes Schleppmoment bei gezogener Kupplung

Zu den einzelnen Komponenten ist zu das nachfolgend aufgelistete zu sagen. Schaut Euch die Sachen vor dem Zusammenbau an und prüft sie entsprechend.

Stahlscheiben:

Zur Prüfung ist eine dicke Glasplatte hilfreich, ich hab‘ eine mit 6 mm Stärke im Fundus, es darf aber auch gerne etwas mehr sein. Eine Glasplatte ist sehr plan und taugt daher gut, um im ersten Schritt die Stahlscheiben zu prüfen.

Jetzt geht es aber schon los, weil die Stahlscheiben im Betrieb in den Nuten des clutch centre anlaufen. Dabei kann es passieren, dass sich das Blech der Nasen da etwas aufwirft, siehe nächstes pic.

Bild

So eine Scheibe liegt nicht eben auf der Glasplatte auf, ergo kann man nicht beurteilen, ob sie plan ist. Klaro kann man versuchen, den aufgeworfenen Grat abzufeilen oder vorsichtig abzudremeln, aber das ist arg mühsam. Immerhin reden wir bei der 3 Feder-Kupplung von 6 Stahlscheiben mit jeweils 16 Nasen und jeweils 4 möglichen Graten.
Hüstel… So teuer sind neue Stahlscheiben nicht, als dass man 384 Grate abdremeln müsste.

Good old Eddie hatte berichtet, dass er zum Checken der Planizität der Stahlscheiben einen Spiegel nimmt, weil man damit leichter auch optisch prüfen kann, ob die Scheiben schüsseln.
Weiterhin empfiehlt Eddie auch, evtl. an den Stahlscheiben-Nasen aufgeworfene Grate mit einer scharfen Feile zu entfernen, anstatt stumpf neue Scheiben zu nehmen, die in der Tat teuer geworden sind.


Et voilà eine neue Stahlscheibe, die gibbet auch von Surflex.

Bild

Legt die Stahlscheibe, ja auch die evtl. neu gekauften, auf die Glasplatte drauf, das Ding dann mit wenig Kraft auf die Glasplatte aufdrücken und versucht, umlaufend von innen und außen eine 0,10 mm Fühlerlehre rein zu schieben. Ich sortiere jede Stahlscheibe in die Schrotttonne aus, bei der das ginge. Mit schüsselnden Stahlscheiben funktioniert das nicht richtig im Betrieb.

Reibscheiben:

Die Reibscheiben haben laut BSA workshop manual eine nominale Dicke von .140“ bis .145“ mit maximaler Abtragsdicke durch Verschleiß von .030“. Das heißt, dass die Dicke minimal ca. 3 mm sein darf.
Wenn die Oberfläche nicht verschmiert ist und die Dicke eingehalten ist, könnt Ihr die nehmen.
Anbei ein pic von einer gebrauchten Scheibe, die hat immer noch ca. 3,45 mm Dicke und kann also rein.

Bild

Und das pic einer neuen von Surflex. Mit denen hab‘ ich in der Vergangenheit die besten Erfahrungen gemacht, wobei auch andere Hersteller IME funktionieren. Die billigsten Reibscheiben aus dem indischen E-Bay würde ich aber nicht verbauen wollen.

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Wenn man eine Kupplung dadurch malträtiert, dass man sie rutschend weiter fährt, sterben die Reibscheiben innerhalb kurzer Zeit. Das kann schon reichen, wenn man 10 km fernab der Heimat eine rutschende Kupplung bemerkt und dann in die heimische Werkstatt oder Garage kommen will. Der Belag wird dabei saumäßig heiß und verschmiert auf der Oberfläche, so wie auf dem angehängten Bild.

Bild

So ein Belag ist IME tot und unrettbar verloren und ein Fall für die Schrotttonne. Man kann versuchen, die Schmiere runter zu waschen, die Ritzen zwischen den einzelnen Belagfeldern frei zu kratzen und auch den Belag mit Schmirgel aufzurauhen, es wird aber leider kaum was werden.

Federn und Federnäpfe:

Die Federn sollten halt entsprechend der Teilenummer bei einem vernünftigen Händler gekauft, gleich lang und mit der richtigen Federrate versehen sein. Das mit den Federnäpfen hat einen Hintergrund. Früher gab es die etwas dickeren und mit höherer Federrate ausgestatteten T140-Federn. Die kleinen Racker waren aber einen Hauch stärker im Außendurchmesser und standen dann im Betrieb in den Federnäpfen an, die entsprechend auch passend für die T140 genommen werden mussten. Das hatte in der Vergangenheit immer mal wieder für ziemliche Irritationen und verzweifelte Fehlersuchen gesorgt. Mittlerweile gibbet aber AFAIK nur noch die etwas größeren Näpfe im Handel.

Bild


Druckplatte:

Die Druckplatte sollte ein gut laufendes Gewinde an der zentralen Einstellschraube haben und auch nicht verzogen sein. Prüft sie auf der Glasplatte. Falls Ihr bei festgestelltem Verzug im Fundus eine andere normale Blechplatte haben sollte, probiert die. Die Aluplatten z. B. von SRM sind nett anzuschauen, sie tun aber nicht Not.

Bild

clutch centre:

Schaut Euch die Nuten im clutch centre an. Da sollten keine signifikanten Eindrückungen von den Nasen der Stahlscheiben zu sehen sein, sonst haken die Stahlscheiben da ein und die Chose wird beim Auskuppeln nicht frei, dann trennt die Kupplung nicht. Ggf. macht das centre ab und feilt die Nuten etwas nach. Das geht einmal, vielleicht auch zweimal, aber nicht ewig. Je weiter die Nuten sind, mit umso mehr Schwung laufen die Scheiben da an und zerdrücken die Nuten wieder. Der abgebildete centre ist IMHO okay und kann verbaut werden.

Bild

Kupplungskorb:

Prüft auch die Nuten für die Reibscheiben im Kupplungskorb. Auch die Reibscheiben müssen sich ohne zu haken frei in den Nuten bewegen können. Ggf. macht den Korb ab und feilt die Nuten etwas nach. Das geht einmal, vielleicht auch zweimal, aber nicht ewig. Je weiter die Nuten sind, mit umso mehr Schwung laufen die Scheiben da an und zerdrücken die Nuten wieder. Der abgebildete Korb ist IMHO okay und kann verbaut werden.

Bild

Der Kupplungskorb wird immer a wenig auf der Kupplungsnabe taumeln, erst recht ohne Scheiben drin. Das ist normal. Das Maß des Taumelns kann man eigentlich nicht richtig messen. Zur Beurteilung ob das okay ist, bedarf es Erfahrung.

Falls die Begutachtung der Komponenten zu Eurer Zufriedenheit abgelaufen ist, könnt Ihr das nun zusammenbauen.

Ihr ölt die Scheiben zart mit dem Öl Eurer Wahl für den Primärtrieb (bei getrenntem Primärtrieb mit separater Befüllung am besten ATF Dexron II, bei den Triumphen mit dem kommunizierenden Ölinhalt halt Eurer normales Motorenöl, am besten mit JASO MA-Spezifikation) ein und schiebt sie in die Kupplung, anfangen wird bei der 3 Feder-Kupplung mit einer Reibscheibe, dann Stahl usw. usw. Am Ende sind es sechs Reibscheiben und sechs Stahlscheiben.

Ihr steckt die Druckplatte auf und spannt die Federn. Dreht sie erstmal bündig. Der Schlitzmutterndreher ist Euer Freund dabei, es gibt aber auch andere Werkzeuge dafür.

Bild

Ihr stellt dann sicher, dass die Kupplung auch Spiel hat. Die zentrale Mutter auf der Druckplatte lösen, die Schraube zart auf Anschlag drehen, und eine halbe Umdrehung raus drehen, dann wieder die Mutter zum Kontern der Einstellschraube anziehen.

Dann auf den Kicker treten, ob Ihr satt Kraftschluss habt und die Kupplung nicht rutscht, das merkt man schon. Ihr müsst bei eingeschraubten Kerzen wirklich Kraftschluss beim Treten haben, sonst kriegt Ihr das Ding nicht an.
Außerdem verderbt Ihr so die Reibscheiben auf den ersten 10 km.
Man sagt zwar, dass bündig ausreicht, bei meinen Mopeds geht das aber nicht. Die Einsteller sind am Ende ca. 4-5 mm tiefer als die Schrauben.

Dann schaut Ihr, ob die Druckplatte zentrisch abhebt oder ob sie eiert.
Man kann ganz gut sehen, wenn Ihr die Kupplung zieht und dann kickt. Dann seht Ihr von oben, ob das eiert. Falls die Druckplatte das tut, fester drehen an einer oder zwei Federn. Man kann auch mit einem Taster oder einer Messuhr arbeiten, ich komme aber mit der optischen Prüfung ganz gut zurecht. Immer wieder sicherstellen, dass die Einstellschraube in der Mitte der Druckplatte etwas Spiel hat.

Ihr prüft dann, wenn Ihr glaubt, es passend zu haben, ob die Kupplung trennt.

Gang rein, Kupplung ziehen, und Du musst das Rad von Hand relativ easy durchdrehen können. Wenn das nicht gehen sollte, dann habt Ihr zuviel Schleppmoment. In dem Fall müsst Ihr die Federn etwas nachlassen. Dann wieder schauen, dass die Platte nicht taumelt wie zuvor.

Update:
Das hatten wir ja dann noch tapfer diskutiert mit dem Schleppmoment, das ggf. gar kein richtiges ist... :-k

Am Ende wird es wohl ein Mysterium bleiben, warum die Kupplung bei zu stark vorgespannten Federn zwar den (fast) gleichen Weg ausrückt, wenn man die Kupplung zieht, das Hinterrad sich aber ab einem gewissen Punkt nicht mehr leicht drehen lassen wird. Und genau ab dem Punkt kratzt es dann beim Schalten, Ihr bekommt dann bei stehendem Fahrzeug und laufendem Motor den Gang nicht mehr raus.

Das ist eben so, eine wirkliche Erklärung kann ich nicht liefern, empirische Beobachtungen bestätigen das aber.

Wenn Ihr es nicht glaubt, dann probiert es selber aus.


Am Ende ist das alles ein wenig auf Kante. Ihr braucht genügend Vorspannung, damit das Drehmoment des Motors ohne Rutschen übertragen wird, aber sie muss auch so trennen, dass Ihr an der Ampel stehend aus dem ersten oder zweiten Gang in den Leerlauf schalten könnt, sonst ist das zu weit vorgespannt.

Wenn Ihr geschüsselte Stahlscheiben habt, die Ihr erstmal mit den Federn leidlich plan drücken müsst, habt Ihr verloren. Deshalb ist die zuvor beschriebene Prüfung der Stahlscheiben auf Verzug wirklich essentiell.

Es ist auch zu sagen, dass die Vorspannung der Federn auch auf die Handkraft bei der Betätigung der Kupplung geht. Hier hilft neben der korrekten Einstellung auch ggf. ein Kupplungszug mit einem Nylon- oder Teflonliner drin. Venhill Featherlight rules.

Wenn das alles zu Eurer Zufriedenheit gelaufen ist, dann stellt Ihr zuletzt nochmal das Kupplungsspiel an der zentralen Einstellschraube in der Druckplatte ein, dann am Einsteller am Handhebel. Normalerweise wachsen die Reibscheiben, wenn sie warm werden, ergo wird das Scheibenpaket leicht dicker und das Spiel am Handhebel wird größer. Kalt kann man das Spiel da ziemlich knapp einstellen.

Dann den Primärdeckel drauf, das Primäröl entsprechend der Vorgaben des workshop manuals auffüllen und ab zur Probefahrt. Am besten könnt Ihr prüfen, ob die Kupplung noch rutscht auf deutlich ansteigender Straße im vorletzten Gang in dem Drehzahlbereich, wo der Motor viel Drehmoment hat, irgendwas um die 3,5k bis 5k rpm. Wenn es dann rutschen sollte, dann muss der Deckel nochmal ab, und Ihr müsst nachstellen.
Wenn Ihr Euch unsicher seid, könnt Ihr auch mal ins Primäröl rein schnuffeln, wenn das Öl verbrannt riecht, dann rutscht die Kupplung.

Macht Euch nichts draus, wenn Ihr da zweimal ran müsst. Es bedarf wirklich relativ viel Erfahrung, damit man das beim ersten Mal gleich hin bekommt. Kauft also immer am besten zwei oder drei Primärdeckeldichtungen.

Sehr sehr gerne lass' ich mich korrigieren, falls da was Falsches oder Zweifelhaftes stehen sollte. Tut Euch keinen Zwang an.

Beste Grüße

Ph.
Zuletzt geändert von Phil am Donnerstag 27. Juli 2023, 21:24, insgesamt 3-mal geändert.
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Knolle
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Knolle »

Hallo Phil.

Zunächst mal Dank und Respekt für den Aufwand, eine saubere Anleitung zur Kupplungsmimik
zu erstellen. Für mich gab`s doch einiges Interessantes und Neues zu erlesen.
Aaaber Du musst mich erhellen :mrgreen: : Das sog. Schleppmoment verstehe ich so, dass
der Kraftschluss bei "gezogener Kupplung" nicht vollständig aufgehoben ist, es "kriecht"
sozusagen. Aus Deiner Erklärung hierfür könnten zu stramm eigestellte Druckfedern die
Ursache sein, den Effekt also man durch leichtes Lösen beheben kann. Na, und da benötige ich eben Erhellung.
Wird der Kupplungshebel gezogen, korrektes Spiel vorausgesetzt, über den Bowdenzug über die
Hebelmimik auf die Druckstange also Druck ausgeübt, dann hebt die Druckplatte ziemlich genau den
gleichen Weg von den Scheiben ab wie die Druckstange Weg zurück legt. Durch Verringern der Vorspannung ändert sich
doch dieser Weg nicht. Andere Ursachen leuchten mir schon ein, bei Ölbadkupplungen die Trägheit des Öls, taumelnde
Scheiben und ähnliche Übelkeiten. Allenfalls bewirkt ein sehr hoher Druck der Druckstange auf die Druckplatte,
dass dort Kräfte übertragen werden können, denn funktionierende Ausrücklager sind ja üblicherweise nicht verbaut.
Da ich aber wohl der Einzige mit diesem Denkproblem bin, wird selbiges wohl bei mir vorliegen :mrgreen:

Besten Dank im Voraus von Wolfgang aus dem Wendland
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woody63
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von woody63 »

Ich verstehe das mit dem "Schleppmoment" so, daß die Kupplung nicht vollständig trennt oder eben unter Last schleift. Also sowohl Federdruck als auch Kupplungsspiel an der zentralen Einstellschraube.
Ein wenig Taumeln der ganzen Schose ist laut meinem Freund und Zweiradmeister der Vertrauens gar nicht so schlimm, sondern begünstigt eher, dass frisches Öl zwischen die Scheiben kommt.

Und Dank an Phil für die detaillierte Beschreibung.
"It´s better to burn out than it is to rust" Neil Young
Alteisenquäler: https://www.youtube.com/watch?v=ETHaPBJC5so&t=20s
Triumph TR6 Trophy `71 "Pride & Joy"
Triumph Daytona ´72 "Double Trouble"
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Phil
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Phil »

Knolle hat geschrieben:...Aaaber Du musst mich erhellen :mrgreen: : Das sog. Schleppmoment verstehe ich so, dass
der Kraftschluss bei "gezogener Kupplung" nicht vollständig aufgehoben ist, es "kriecht"
sozusagen. Aus Deiner Erklärung hierfür könnten zu stramm eigestellte Druckfedern die
Ursache sein, den Effekt also man durch leichtes Lösen beheben kann. Na, und da benötige ich eben Erhellung.
Wird der Kupplungshebel gezogen, korrektes Spiel vorausgesetzt, über den Bowdenzug über die
Hebelmimik auf die Druckstange also Druck ausgeübt, dann hebt die Druckplatte ziemlich genau den
gleichen Weg von den Scheiben ab wie die Druckstange Weg zurück legt. Durch Verringern der Vorspannung ändert sich
doch dieser Weg nicht.
Hoi Wolfgang,

danke für die Blumen, mir hat die Schreiberei recht viel Spaß gemacht. Ich glaube ja fest an sittlich-technischen Nährwert blablabla in einem Forum...

Jepp, Schleppmoment bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Kupplung nicht ganz frei wird bzw. richtig trennt und eben immer noch mehr als ein Hauch Drehmoment übertragen wird.

Es ist in der Tat so, wie Du schreibst. Der Weg der Druckstange ist dem Grunde nach unabhängig von der Vorspannung immer weitgehend gleich, wenn der Kupplungshandhebel betätigt wird. Dieser Weg drückt die Kupplungsfedern noch weiter zusammen, hebt die Blechdruckplatte entsprechend an und verringert die Vorspannung des Scheibenpakets so, dass die Reibscheiben keine nennenswerte Reibung auf den Stahlscheiben haben, und dann wird die Kupplung frei.

In der Tat hast Du jetzt eine wirklich sehr interessante Frage aufgeworfen, die mir nie in den Sinn kam. Ich hab' den Effekt bzw. Zusammenhang zwischen zu weit vorgespannten Federn und nicht vollständig trennender Kupplung ehrlicher Weise noch nie richtig zu Ende gedacht, sondern den Zusammenhang schlicht per Empirie hergestellt. :pfeiffen:
Knolle hat geschrieben:...Da ich aber wohl der Einzige mit diesem Denkproblem bin, wird selbiges wohl bei mir vorliegen
Ganz im Gegenteil, Deine Frage ist sehr interessant! :top:

Hahahaha, auch wenn ich befürchte, sie nicht korrekt beantworten zu können. Hoffentlich schreibt noch ein anderer Foristo, der das richtig weiß und auch beantworten kann.

Anbei nochmal eine Schnittzeichnung durch eine BSA 3 Feder-Kupplung.

Bild

Eigentlich kann es nur sein, dass bei zu weit vorgespannten Federn, selbige auf Block gehen und sich an irgendeinem Punkt nicht mehr weiter zusammen schieben lassen. In diesem Falle würde der Weg der Druckstange dann die Druckplatte elastisch verformen, anstatt sie richtig abzuheben. Dann hättest Du im Endeffekt eine schüsselnden Druckplatte, die auch bei gezogener Kupplung immer noch so viel Druck auf das Scheibenpaket ausübt, dass die Scheiben eben nicht frei laufen.
Theoretisch könnte auch die vergleichsweise dünne Druckstange sich elastisch verformen und ausweichen. Die Druckstange ist nur jeweils an den Enden der Hauptwelle in Bronzebuchsen geführt, ansonsten frei.

Du siehst/liest mich also ziemlich rum eiern, sorry dafür.

Wie zuvor geschrieben, ich hoffe auf die anderen Leute hier, die Dich, mich und andere interessierten Foristi aufschlauen zu dem Thema.

Die Empirie sagt aber, dass dem so ist, wie ich es bei der Einstellanleitung beschrieben hatte.

Schöne Grüße aus der etwas entfernteren Nachbarschaft

Ph.
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Mucks
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Mucks »

Phil hat geschrieben:[...]Theoretisch könnte auch die vergleichsweise dünne Druckstange sich elastisch verformen und ausweichen.[...]
Und/ Oder Längung des Bowdenzuges bei höherer Zugkraft?!
Grüße,
Marijan
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T140-Oli
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von T140-Oli »

EDIT: Beitrag ist Quatsch, bitte ignorieren. Ich lass den nur stehen, damit die anschließende Diskussion verständlich bleibt. :oops:

Es werden sich hoffentlich noch kompetentere Mitforisti einmischen (@Tim?), aber mein Weltbild sieht so aus:

Die Kupplungsfedern habe eine bestimmte Federrate, bei den 650ern sind das laut Manual 113 lbs/in = 153 N/m.

EDIT: Falsch umgerechnet, es sind 19800 N/m. Die nachfolgenden Werte habe ich nicht korrigiert, da die Argumentation eh nicht stimmt, siehe ersten Satz.

Vorspannen der Kupplung um einen Meter erhöht also die von einer Feder auf das Kupplungspaket übertragene Kraft um 153 N, beim Ziehen der Kupplung (also entspannen) ist es umgekehrt. Der tatsächliche Weg beim Ziehen der Kupplung liegt ja leicht unterhalb eines Meters, das sind vielleicht 3mm? Also verringert sich die beim Ziehen des Kupplungshebels die Kraft auf das Kupplungspaket bei 3 Federn um dF:

dF = 3 * 153 N/m * 3mm = 1,38 N

Beim Einstellen der Kupplung haben die Federn in allen Betriebszuständen Kontakt zur Druckplatte und zum Kupplungspaket. Sagen wir mal, dass die Federn etwas vorgespannt sind, also im Fahrbetrieb bei nicht gezogenem Kupplungshebel eine Kraft von 2 N auf die Kupplung bringen (keine Ahnung, ob diese Zahl realistisch ist). Diese Kraft erzeugt eine Reibung, und die muss ausreichen, um ohne Rutschen das Drehmoment zu übertragen. Wird jetzt der Hebel gezogen, dann verringert sich die Kraft um 1,38 N, also auf krumme 0,4 N. Durch diese Reduktion der Kraft muss jetzt bei korrekt eingestellter Kupplung die Reibung so stark einbrechen, dass praktisch kein Drehmoment mehr übertragen werden kann (Kupplung trennt). Es verbleibt aber auch bei gezogener Kupplung noch ein Rest (eben die 0,4 N), der für das Schleppmoment verantwortlich ist.

Ändert man jetzt die Vorspannung der Federn, dann verschiebt man diesen Bereich, z.B. auf das Wertepaar 3 N (Kupplung entspannt) und 1,4 N (Kupplung gezogen). Im Zahlenbeispiel hat man jetzt das Schleppmoment deutlich erhöht, die Kupplung trennt nicht richtig.

Man wird jetzt versuchen, sich möglichst nahe an das Minimum heranzutasten, da dort die Handkräfte am geringsten sind. Die britische Engineers haben die Aufgabe anspruchsvoll gemacht, indem sie nur einen minimalen Weg vorgesehen haben. das ist aber vermutlich deshalb passiert, weil am Handhebel ja nur ein begrenzter Weg zur Verfügung steht. Und wenn der in einen langen Weg der Kupplungsdruckstange übersetzt wird, dann steigt natürlich die Handkraft. Einen Tod muss man dann sterben. Oder eine hydraulische Kupplung nehmen ;-)

Grüße
Oli
Zuletzt geändert von T140-Oli am Dienstag 18. April 2023, 13:42, insgesamt 1-mal geändert.
T140E (1978), TR6C (1967), Warmduscher
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Öko »

2N entsprechen ganz grob 200g...das kommt eher nicht hin..
Das würde kaum reichen um den Motor bei herrausgeschrauben Zündkerzen zu bewegen ohne durchrutschende Kupplung.
28. Jahresparty der Fast Dog´s MF Meyenburg vom 9.-11. August 2024 28 jähriges Bestehen :laola: :yau:
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Maulwurf
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Maulwurf »

Unglaublich.

Das ist die erste technische Diskussion, bei der ich euch bis jetzt noch komplett folgen kann. Herzlichen Dank für die detaillierten Erläuterungen, allen voran natürlich an Dr. Phil. Bei der Demontage gestern habe ich festgestellt, dass die Druckplatte extrem stark taumelte, die Einstellung war also wohl nicht ganz das gelbe vom Ei. Das abgelassene Öl kam mir sehr wenig vor - es waren tatsächlich nur ca. 100 ml. Das dürfte sich ja auch eher ungünstig ausgewirkt und das Schleppmoment bei getrennter Kupplung auch noch erhöht haben, oder?

Zum Glück hat mir Phil meinen Eindruck bestätigt, dass Korb, Kern und Beläge prima aussehen - es wird also ausnahmsweise mal nicht teuer. In Ermangelung einer brauchbaren Glasplatte werde ich Stahlscheiben und Druckplatte morgen mal bei meinem Werkzeugmacherkumpel auf den Messtisch werfen und werde es dann ganz genau wissen.

Da ich, was meinen Werkzeugfundus angeht, immer noch stark minderbemittelt bin, zur Erheiterung noch mein auf die Schnelle aus der Schrottkiste angefertigter Schlitzmutterndreher (versteckt sich verschämt unter den beiden Schraubendrehern):
kupplung.jpg
Gruß,
Murksus
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T140-Oli
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von T140-Oli »

Öko hat geschrieben:2N entsprechen ganz grob 200g...das kommt eher nicht hin..
Das würde kaum reichen um den Motor bei herrausgeschrauben Zündkerzen zu bewegen ohne durchrutschende Kupplung.
Hi Mario, deshalb schrub ich ja auch "keine Ahnung, ob diese Zahl realistisch ist". Wieviel spannt man denn die Federn typischerweise vor? 10mm? Das wären dann knappe 5N. Damit verschiebt man dann das "Fenster" halt ein bisschen nach oben: Entspannt 4,6 N versus Kupplung gezogen 3,2 N. Die Kernaussage bleibt aber: Die Federn übertragen auch bei gezogener Kupplung noch eine kleine Kraft auf die Kupplungsscheiben.

@Markus
Genau mit so einem Schlitzmutterndreher habe ich auch zuerst hantiert. :ebiggrin: Weil man nie genug Werkzeug haben kann, habe ich irgendwann dieses Ding gekauft. Phils Schlitzmutterndreher scheint mir aber sogar noch besser.

Grüße
Oli
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Knolle »

Naja, so ganz überzeugen mich die Beiträge noch nicht. Betätige ich die Kupplung, so trenne ich den Kraftschluss idealerweise vollständig im
Scheibenpaket, egal, wieviel Kraft ich aufwänden muss. Lediglich der Kontakt zwischen Druckplatte und Druckstange bleibt.
Ist es nicht eher so?: hebe ich das Hinterrad eines Motorrades hoch, so besteht kein Kontakt zum Untergrund, kein Kraftschluss mehr, ganz egal, wie
schwer das Motorrad ist noch wieviel Kraft ich dafür aufwänden muss. Die Kupplungsfedern sind dabei praktisch das Eigengewicht des Motorrades
Fragende Grüße aus dem Wendland
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Öko
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Öko »

Habe das Spiel die nächsten zwei Wochen vor mir.
Mein kleinster geeichter Stahl DMS 730/2 beginnt bei 4Nm...zur Not vom gleichen Hersteller auch im NcM beginnent
Das werde ich ausprobieren
Vom Handgefühl von mehreren Kupplungen wird es bei 5 bis 8Nm liegen....damit die gebrauchte Kupplung nicht rutscht.
Neue Lamellen und neue Federn werden sicherlich da abweichende Einstellwerte liefern.
Hatte bei meiner 63er Bonnie neue Surflex Lamellen und neue Kupplungsfedern verbaut und gefühlt alle anderthalb bis maximal alle zwei Jahre den Anpressdruck über die drei Federn nachstellen dürfen..ca.6-9RKm dazwischen gefahren.
Selbstverständlich auch die zentrale Einstellschrsube auf die Druckstange nachjustiert, wie den Leerweg des Seiles.
Steht auch bei diesem Motor wegen Rutschneigung bei hoher Lastabfrage erneut an.
Also demnächst an zwei 750er Motore.
28. Jahresparty der Fast Dog´s MF Meyenburg vom 9.-11. August 2024 28 jähriges Bestehen :laola: :yau:
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Mucks
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Mucks »

Knolle hat geschrieben:[...]Betätige ich die Kupplung, so trenne ich den Kraftschluss idealerweise vollständig im
Scheibenpaket, egal, wieviel Kraft ich aufwänden muss.[...]
Genau, im Idealfall ist die Druckplatte vom restlichen Kupplungspaket bei gezogener Kupplung getrennt. Sollten jedoch die Federn soweit vorgespannt sein, dass der Bowdenzug oder auch die Druckstange nachgeben schafft man es ggf. nicht, die Druckplatte vollständig auszurücken und dann schleift die Kupplung.
Grüße,
Marijan
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Uli
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Uli »

Mucks hat geschrieben:Genau, im Idealfall ist die Druckplatte vom restlichen Kupplungspaket bei gezogener Kupplung getrennt.
:-k :gruebel:

Wäre ich Phil-O-Sof (der ich nicht bin... :mrgreen: ), würde ich sagen:

"Wann zuletzt konnte man in der Realität im allgemeinen und bei britischen Motorrädern im speziellen auf den Idealfall treffen?"
ICH würde mal sagen: Nie...

Wenn ich mir die ganze Mimik mal so ansehe, ist ja theoretisch in einer idealen Welt der Kraftschluss in dem Moment unterbrochen, in dem die Druckplatte um ein größeres Maß abhebt, als die (wahrscheinlich vorhandene) Dicken-Elastizität der Belagscheiben ausmacht. Das dürfte deutlich unter 1 mm sein, ist aber nur gefühlt.
ABER: Da ja praktisch (nicht mal wenn ALLE Teile neu sind) keine der Scheiben wirklich 100%ig planparallel ist, 100%ig in den jeweiligen Nuten gleitet, diese auch nie 100%ig unverschlissen, parallel und poliert sind und dann natürlich auch noch das Öl zwischen den Scheiben dazukommt, das die Scheiben etwas zusammenkleben lässt; und selbst, wenn letzteres nicht der Fall ist, dann dürfte es doch ein gewisses Schleppmoment zwischen den Scheiben übertragen (a lá Drehmomentwandler).
Wenn nun noch die Druckplatte DOCH etwas taumelt oder ältere Beläge gerne zusammenkleben oder das Öl recht kalt ist oder Jupiter bei Vollmond im siebten Haus des Wassermannes steht, dann trennt halt die eine Kupplung etwas sauberer und andere nicht ganz so.

Ist halt alles nicht immer ganz neu bei unseren Kisten.

"Vollendete Perfektion kann im Universum nicht existieren, was uns nicht davon abhalten sollte, stets danach zu streben."
(Uli Einstein)
"Pure Vernunft darf niemals siegen!"
Tocotronic
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von Knolle »

Hm, nochmals: Es ging nicht um die Frage, ob und warum es Schleppmomente gibt, das ist doch unbestritten,
sondern darum, ob man mit Verringerung der Vorspannung der Druckfedern das Schleppmoment verringern
oder beseitigen kann. Da bin ich nach wie vor am zweifeln. Wer noch? :mrgreen:
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Re: BSA Triumph 3 Feder-Kupplung einstellen

Beitrag von T140-Oli »

Hab nochmal über Eure Einwände nachgedacht und vermutlich habt ihr Recht, so wie oben von mir dargestellt, ist es nicht. Zudem habe ich noch einen groben Schnitzer bei den Einheitenumrechnungen, den werde ich asap korrigieren. Die Beiträge lasse ich aber dennoch stehen, damit die Diskussion nicht komplett unverständlich wird.

Grüße
Oli
T140E (1978), TR6C (1967), Warmduscher
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