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Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Freitag 5. Mai 2017, 16:15
von Klaus Monning
Aufgabenstellung
Für die meisten wird die hier vorgestellte Aufgabenstellung nie relevant werden, da sie ihr Motorrad möglichst seriennah lassen wollen oder, wenn etwas gemacht werden soll, es dem „Fachmann“ überlassen.
Mein Motor hat folgende Änderungen über sich ergehen lassen müssen:
1.) Die Bohrung wurde auf 79mm vergrößert, da mir mal ein amerikanischer 880er Zylinder über den Weg gelaufen ist. Der hatte eine Bohrung von exakt 79,00mm. Meine Kolben (Ergo Schleifmaß +0,08 = 78,95). Gehen wir von einem Laufspiel von 0,12mm aus, braucht der Zylinder ein Maß von 79,07mm. Die fehlenden 0,07mm müsste man aushonen können. Dumm war, dass der rechte Kolbengefressen hatte. Das aufgefressene Material wurde mit dem Dreikantschaber entfernt und dann wurde der Zylinder zu Frank Just geschickt zum honen. Wohl gemerkt, gebohrt musste er nicht werden, da man die fehlenden 0,07mm ja nur durch Honen entfernen musste. Das gleiche gilt übrigens auch für den linken Zylinder, der allerdings nicht gefressen hatte.
2.) Der Zylinderkopf hat große Ventile (Einlass 43mm mit 27°5‘ Ventilwinkel, Auslass 38mm 29°30‘ Ventilwinkel). Übrigens bekommt man erst bei einer Bohrung von 78,5mm ein so großes Auslass- Ventil unter. Ansonsten muss in der Zylinderbohrung dafür Platz geschaffen werden (geht aber). Außerdem habe ich eine NOURISH- Kurbelwelle mit 91mm Hub eingebaut.
3.) Der Zylinderkopf wurde an der Dichtfläche um ca. 2 mm ab- geplant. Dabei ragen die Ventile natürlich um einen ziemlichen Betrag in den Kolbenboden hinein. Um wieviel? Nichts Genaues weiß man nicht. Also musste das ganze zeichnerisch ausgelegt werden um passende Ventiltaschen in die Kolben zu bekommen.
4.) Diese Vorgehensweise wird hier beschrieben.
P1050315_komprimiert.jpg
P1050311_komprimiert.jpg
5.) Bei der ganzen Sache stellt sich mir eine Frage: Die Ventiltaschen sind bei der 850er Commando so klein, dass man bei der Standard Nockenwelle und bei Standard- Ventilgrößen keine Ventiltaschen braucht.
Bei der 750er Commando sind die Verhältnisse komplett gleich: Gleiche Steuerzeiten, gleicher Hub, gleiche Pleuellängen, gleiche Position der Ventile im Brennraum usw. Die Kolben haben die gleiche Kompressionshöhe. Warum haben die 750er Kolben Ventiltaschen (und dann auch noch so große) und die 850er kommen ohne aus?

So, das war's mal wieder. Jetzt kann jeder mal knobeln. Bei Fragen einfach 'ne PN.
Gez. K. Monning

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Montag 8. Mai 2017, 20:59
von Norton
Wenn Du mal wieder aufgeriebenes Kolbenmaterial in einer Graugußlaufbahn hast, dann ätze es doch einfach mit Ätznatron raus. Geht einwandfrei. Gibts als Granulat, in die Laufbahn baut man einen "Damm" aus Festerkitt, Knetgummi.... und die Natronlauge löst das Alu. Zurück bleibt ein schwarzer Fleck, der mit Schleifleinen weg geht.

Gruß. Martin.

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Dienstag 9. Mai 2017, 17:24
von Klaus Monning
Danke Martin,
ich werde mich beim nächsten Mal daran erinnern.

So, ausgelegt (die Position und die minimale Tiefe) hatten wir die Ventiltaschen ja schon. Jetzt muss das Ganze noch in die Praxis umgesetzt werden.
Dafür hatte ich den Zylinder ja bei Frank Just (einem alten Freund von mir, den kenne ich schon seit mindestens 30 Jahren). Er hat eine Motor- Instandsetzung nahe Aachen und fährt Velocette. Also, das Aluminium hatte ich raus gekratzt (das nächste Mal werde ich’s rausätzen und werde mir dafür Deine Expertise holen Martin). Jetzt habe ich mein angestrebtes Laufspiel von 0,12 mm (so ist das im Handbuch vorgegeben).
Also der Zylinder wurde mitsamt den Kolben (noch ohne Ringe und ohne Kolbenbolzensicherungen aber mit Dichtungspapier als provisorische Fußdichtung) provisorisch aufgebaut. Der Kopf kam dazu komplett leer und wurde am Zylinder mit der zentralen Schraube befestigt.

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Dienstag 9. Mai 2017, 17:40
von Klaus Monning
Ich muss den Anfang des Umsetzens der Theorie in die Praxis jetzt erst nachreichen, da ich in meinem obigen Beitrag keine Bilder mehr unterbringen konnte. Eventuell kann der Admin diesen hier geschilderten Beitrag vor meinen obigen setzen? Vielen Dank

Ach so was zum Kopf: Das war einmal ein 750er. Durch Versetzen der 4 äußeren Bohrungen wurde er zu einem 850er umfunktioniert. Dieses deshalb, weil man ja für so große Ventile die Winkel ändern muss. Damit werden die original ½“ großen Führungsbohrungen so groß wie die 850er. Dann kann man für einen solchen Kopf ganz normale, standardmäßige 850er Führungen verwenden. Wenn man 850er Köpfe für so große Ventile verwenden wollte, müsste man die Führungsbohrungen zuschweißen und neu bohren. Das ist äußerst schwierig, denn es ist fast nicht möglich in dieser Position die Bohrungen lunker- frei zu schließen.

Stellt sich zum Schluss die Frage warum ich diesen NORTON- Umbau hier in "Rest of" also bei der Technik untergebracht habe. Nun, die Vorgehensweise zum Errechnen der Kolbenposition in Bezug zum Kurbelwinkel ist bei jedem Motor gleich. Der Rest ist natürlich NORTON- spezifisch. Der Aufwand ist natürlich beträchtlich, das kann jeder nachvollziehen.

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Dienstag 9. Mai 2017, 21:05
von Knolle
Also, was soll ich sagen, einfach nur :respekt:
Gutes Gelingen und berichte weiter.
Gruß von Knolle aus dem Wendland

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Dienstag 9. Mai 2017, 22:08
von Cyankalijo
Hi!
Ich kenn das nur mit Knete aufm Kolben und gaaaanz vorsichtig durchkurbeln ..dann aus einander schrauben und schaun wo was weg muss.. geht auch mit weichem Lötdraht..ist nicht mit viel Überlegen und Rechnen bzw verrechnen...
Gruß
DiDa

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Mittwoch 10. Mai 2017, 08:48
von Klaus Monning
Hallo,
tja, wenn man die Standard- Ventile drinnen hat, muss man den Aufwand auch nicht treiben. Wenn man allerdings größere einbaut und dann auch noch die Winkel ändert, muss man schon genauer nachschauen. Da reicht Knete nicht mehr aus, da man damit ja nicht die exakte Position der Ventile in Bezug zu den Kolbenböden erhält. Dazu kommt, dass die Standard- Kolben der 850er Commando ja überhaupt keine Ventiltaschen aufweisen. Man hat also überhaupt keine Anhaltspunkte.
Mir war in dem Zusammenhang auch noch wichtig heraus zu finden, ob der Grund der Ventiltaschen nicht mit dem Grund der ersten Kolbenringnut kollidiert. Ich habe hier schon BSA- Kolben gesehen, bei denen man beim Aufarbeiten der Ventiltaschen plötzlich im Freien stand. Konsequenz: Er musste sich neue Kolben herstellen lassen, denn bei neuen Standard- Kolben wäre ja das gleiche wieder passiert. Also habe ich in meine Zeichnung noch zusätzlich die erste Kolbenringnut eingezeichnet. Hier müsste ich die entsprechende Zeichnung aus dem obigen Beitrag dann auswechseln. Tue ich aber erst, wenn ich die Kolben mit den relevanten Änderungen komplett gezeichnet habe.
Was sich in meinem Fall zusätzlich aber nur spezifisch für mich aber zusätzlich ändert ist die Position des Kolbenbodens in Bezug zum Brennraum. Durch meine 91mm Mehrhub ergibt sich natürlich auch ein größerer Hub- Radius. Aus diesem Grund steht der Koben auch 1 mm weiter in den Brennraum hinein (gibt gleichzeitig zusätzlich noch eine höhere Verdichtung).
Immer wieder stellt sich natürlich die Frage: Warum das Ganze? Ich hab' einfach Spaß daran an der Entwicklungsarbeit. Bezahlt macht sich sowas natürlich nie. Es ist gut für mein altes in Rente befindliche Hirn etwas Denkarbeit zu leisten und die am Zeichenbrett erzielten Ergebnisse mit der Praxis zu vergleichen und dann auch noch festzustellen, dass sich das Zeichnerische mit dem Praktischen deckt.
So, jetzt mache ich aber hier im "Rest of" Schluss. Es wird Norton- spezifisch. Bei NORTON geht's dann weiter. Ich geh' jetzt die Kolben zeichnen. Die sieht man dann wieder bei "NORTON".
Gruß
Klaus

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Mittwoch 10. Mai 2017, 12:19
von Wuselwahnwitz
Klaus: Geile Nummer! Well done!

....nagut: "nicht so ganz schlecht.." :mrgreen:

Alles gute

Wusel

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Mittwoch 10. Mai 2017, 12:32
von Rüdi
Respekt wer´s selber macht
Und die alles entscheidende Frage: was merkt man davon an Leistungsausbeute im Fahrbetrieb ?

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Mittwoch 10. Mai 2017, 21:15
von bosn
Auf jeden Fall hast du Spass dabei !
Respekt,hast was auf´m Schirm ! :halloatall:

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Donnerstag 11. Mai 2017, 10:49
von Klaus Monning
[quote="bos´n"]Auf jeden Fall hast du Spass dabei !

Hallo,
genau, das isses. Die Frage: "Was bringt's?" Erörtern wir später, wenn der Motor (wieder) eingefahren ist. Und Spaß habe ich auf jeden Fall dabei. Wichtig ist auch, dass ich meine kleinen, grauen Gehirnzellen noch auf Trap halte, sonst verblödet man als Rentner. Ziel ist es auf jeden Fall, zum Forumstreffen nach Söhlde zu kommen. Ich fahre den Motor natürlich nicht so gerne auf der Autobahn ein. Das wären von mir aus nach Hannover etwa 350 km. Weiter mit dieser Geschichte im NORTON- Teil dieses Forums, da es jetzt wieder NORTON - spezifisch wird.
Gruß
Klaus

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Donnerstag 11. Mai 2017, 12:10
von holsteiner
Von Eschborn nach Söhlde kann man wunderbar Landstraße surfen.
Für mich sind das mit leichten Umwegen auch gute 320km, ich mache mir (und meinen Mitreisenden) da einen Spaß draus!

Re: Auslegung von Ventiltaschen

Verfasst: Freitag 12. Mai 2017, 09:34
von jan
Klaus Monning hat geschrieben:Ziel ist es auf jeden Fall, zum Forumstreffen nach Söhlde zu kommen. Ich fahre den Motor natürlich nicht so gerne auf der Autobahn ein. Das wären von mir aus nach Hannover etwa 350 km.
holsteiner hat geschrieben:Von Eschborn nach Söhlde kann man wunderbar Landstraße surfen. Für mich sind das mit leichten Umwegen auch gute 320km, ich mache mir (und meinen Mitreisenden) da einen Spaß draus!
...da ärgere ich mich umso mehr, dass ich nicht dabei sein kann. :evil: Mit dem Twin hinter Klaus´ Commando herzuhecheln, über schöne Nebenstrecken, das wäre ein schöner Spaß geworden.

Na ja, ein andermal... :cry: