Erwärmen von Wälzlagern

Für alle anderen Technikfragen! NUR Technik! ;-)
Antworten
Benutzeravatar
Martin
Mutti
Beiträge: 18486
Registriert: Donnerstag 3. August 2006, 08:08
Wohnort: "Borgholzhausen"...es heißt "Borgholzhausen"
Kontaktdaten:

Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Martin »

Hallo
Ich hab mal ne Frage zum erwärmen von Wälzlagern.
Ich habe nachgelesen, das man sie zum Einbau nicht über 120°C erwärmen soll. So weit so gut.
Jetzt ist es recht schwer ohne Hilfsmittel die Temperatur ordentlich zu bestimmen. Was passiert denn mit einem Lager, wenn es auf sagen wir mal 250° erhitzt wird? Ab wann läuft ein Lager an?
Hmh. Danke für die Aufklärung
When a motorcycle is actually ridden, it takes on a similar "patina" of use

Craig Vetter
Benutzeravatar
Goldstar
SCHRÄGLAGENKÖNIG!
Beiträge: 5080
Registriert: Montag 8. Januar 2007, 08:00
Wohnort: Gießen

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Goldstar »

Hi Martin,
wenn du ein Lager erwärmst um es auf einer Welle zu montieren, dann ist es das einfachst du legst es in den Backofen, denn da kannst duTemperatur einstellen. Es hat auch noch den Vorteil, das es gleichmäßig warm wird. 250 Grad ist auch schon ne Hausnummer. Bei geschlossenen Lagern kann ich mir vorstellen das die Schmierstoffe Verbrennen und der Rest dann dem Lager schnell den Gar aus macht. In wie weit sich die Temperatur auf die Martensitstrucktur weiss ich nicht.

Gruß Klaus
If you think, everything is under control, you are not fast enought.
Benutzeravatar
Tim
Commando Resterampe
Beiträge: 8837
Registriert: Dienstag 12. Mai 2009, 19:35
Wohnort: Das Dorf an der Düssel in der Nähe von Suppental

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Tim »

Martin hat geschrieben:Was passiert denn mit einem Lager, wenn es auf sagen wir mal 250° erhitzt wird?
Das finden ggf. vorhandene Kunststoffe minder witzig. Pack das Ding wasserdicht in einen Beutel und erhitze es im Wasserbad. Reine Metall-Lager wie z.B. die Messingkäfig-Suppenblend-Hauptlager kannst Du höher erhitzen, aber die sollten dann dabei entfettet sein.

Tim
1946 Indian Chief-1956 Norton Dommie-1970 Norton Commando Roadster-1972 HD FLH1200 Electra Glide-1972 Norton Commando
1968 Lotus Elan+2-1997 Lotus Elise S160-1999 Lotus Elise
Parts falling of these vehicles are of the finest Angloamerican craftsmanship!
Benutzeravatar
Tim
Commando Resterampe
Beiträge: 8837
Registriert: Dienstag 12. Mai 2009, 19:35
Wohnort: Das Dorf an der Düssel in der Nähe von Suppental

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Tim »

Goldstar hat geschrieben:In wie weit sich die Temperatur auf die Martensitstrucktur weiss ich nicht.
Um das Gefüge zu beinflussen, reicht ein Backofen nicht aus. Der schafft grade mal die Temperaturen, die man bei Warmauslagern fahren müsste.


Tim
1946 Indian Chief-1956 Norton Dommie-1970 Norton Commando Roadster-1972 HD FLH1200 Electra Glide-1972 Norton Commando
1968 Lotus Elan+2-1997 Lotus Elise S160-1999 Lotus Elise
Parts falling of these vehicles are of the finest Angloamerican craftsmanship!
Benutzeravatar
Martin
Mutti
Beiträge: 18486
Registriert: Donnerstag 3. August 2006, 08:08
Wohnort: "Borgholzhausen"...es heißt "Borgholzhausen"
Kontaktdaten:

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Martin »

Es geht gar nicht um einen konkreten Fall. Die 250° hab ich genommen, weil es die höchste Stufe meines Ofens ist. Normalerweise lege ich den Innenring, der über einen Stumpf muss, in ein Ölbad und erwärme es. Im Alugehäuse ist das alles ja noch mal einfacher wegen des Materials... :-k

Nur war ich etwas nachdenklich bzgl der Angabe "nicht über 120°" (wobei im Scheffler Katalog steht, dass sich Kunststoffkäfige von den Messingdingens nicht unterscheidet bzgl. Temperaturverhalten...)

Aber ich hatte mal den Fall, dass ich einen Innenring eines Rollenlagers mal brutal mit der Flamme hitzen musste, weil es sich beim Aufschieben verkantet hat und sofort bombenfest war....
When a motorcycle is actually ridden, it takes on a similar "patina" of use

Craig Vetter
Benutzeravatar
bos´n
Flossenrocker
Beiträge: 7642
Registriert: Sonntag 6. August 2006, 00:02
Wohnort: 48607 Ochtrup

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von bos´n »

Backofen oder Ölbad(olle Friteuse...wehe jetzt kommt ein Holländer-Spruch :twisted: ) - kann man beides gut regeln .
Bos´n

Fahre Britische Motorräder! Rij engelse Motoren ! Kjor Engelsk !
Bike British ! Guida Inglese ! Roulez En Angelaise !
Benutzeravatar
Martin
Mutti
Beiträge: 18486
Registriert: Donnerstag 3. August 2006, 08:08
Wohnort: "Borgholzhausen"...es heißt "Borgholzhausen"
Kontaktdaten:

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Martin »

Ja bosi. Aber das war nicht die Frage...

Gesendet von meinem LG-H850 mit Tapatalk
When a motorcycle is actually ridden, it takes on a similar "patina" of use

Craig Vetter
Benutzeravatar
Martin
Mutti
Beiträge: 18486
Registriert: Donnerstag 3. August 2006, 08:08
Wohnort: "Borgholzhausen"...es heißt "Borgholzhausen"
Kontaktdaten:

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Martin »

Tim hat geschrieben:aber die sollten dann dabei entfettet sein.

Tim
OK. Warum?
When a motorcycle is actually ridden, it takes on a similar "patina" of use

Craig Vetter
Viertakter
Manxman
Beiträge: 126
Registriert: Sonntag 15. Oktober 2017, 12:25

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Viertakter »

Hallo Martin,
hier ein kurzer Auszug aus dechnischen Informationen von FAG:
.2 Thermische Verfahren
Sind bei zylindrischen Sitzen feste Passungen auf der Welle vorge-
schrieben, so wärmt man meist die Lager zur Montage an. Eine aus-
reichende Aufweitung erzielt man bei 80 bis 100 °C. Beim An -
wärmen der Lager muß die Temperatur genau kontrolliert werden.
Sie darf keinesfalls über 120 °C steigen. Erwärmt man die Lager
nämlich höher, so besteht Gefahr, daß sich das Gefüge der Lager-
teile verändert; dabei fällt die Härte ab und die Maße ändern sich.
Für Lager mit Massivkäfigen aus glasfaserverstärktem Polyamid
gelten die gleichen Temperaturgrenzen wie für die anderen Wälz -
lager.
Lager mit Deckscheiben, Bild 37a und mit Dichtscheiben, Bild 37b
sind bereits mit Fett gefüllt. Sie dürfen beim Einbau bis maximal
80 °C angewärmt werden; jedoch nicht im Ölbad.

Gruß Jürgen
Benutzeravatar
Gerd M.
Manxman
Beiträge: 1115
Registriert: Mittwoch 4. Januar 2012, 11:34
Wohnort: Vogtland

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Gerd M. »

Sitzringe und bestimmte Lager erhitze ich in einem alten Topf, der soweit mit Motoröl gefüllt ist, daß der Ring oder das Lager gerade vom Öl bedeckt ist. Öl kann man nur bis 180°C erhitzen, über 180°C fängt es an zu rauchen und verbrennt.
Als Heizquelle habe ich mal bei ebay eine einteilige, regelbare Kochplatte für ca. 7,- € geschossen.
Das hat den Vorteil, daß man alles in der Werkstatt neben dem Motor erledigen kann.

Gerade bei den oftmals sehr dünnen Sitzringen ist das eine feine Methode, bei der nichts schief gehen kann.
Bild
Benutzeravatar
Martin
Mutti
Beiträge: 18486
Registriert: Donnerstag 3. August 2006, 08:08
Wohnort: "Borgholzhausen"...es heißt "Borgholzhausen"
Kontaktdaten:

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Martin »

Es ist ja schön, dass ihr schreibt, wie ihr es macht. Aber noch mal: Die Frage war eine Andere. Tim hat dazu schon eine zumindestens annähernde Antwort gegeben.

Für alle Leseresistenten hier noch mal die Frage(n):

Was passiert denn mit einem Lager, wenn es auf sagen wir mal 250° erhitzt wird? Ab wann läuft ein Lager an?

@Jürgen: Den von Dir zitierten Passus habe ich gelesen und deshalb oben in der Frage die 120° genannt. Ich gehe aber hierbei auch von einem Sicherheitsbereich aus.
When a motorcycle is actually ridden, it takes on a similar "patina" of use

Craig Vetter
Benutzeravatar
Gerd M.
Manxman
Beiträge: 1115
Registriert: Mittwoch 4. Januar 2012, 11:34
Wohnort: Vogtland

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Gerd M. »

Wann ein Lager anläuft hängt von der eingebrachten Temperatur, Zusammensetzung, der Oberfläche und der Materialdicke ab.

Erhitzt man ein Lager stark über die in den allgemeinen Regeln der Technik vorgegebenen Werte, kommt es an dem Lagermaterial, das im Oberflächenbereich bei der Herstellung mit einem technisch begründetem Härtegrad versehen wurde, zu einer Gefügeveränderung und damit einhergehend zu einer veränderten Oberflächenhärte, die den Belastungen des Lagers im Betrieb nicht mehr standhalten kann.
Das Lager ist dann nach kürzester Zeit wieder verschlissen.
Bild
AHO
Manxman
Beiträge: 795
Registriert: Donnerstag 8. September 2011, 18:01
Wohnort: Wuppertal

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von AHO »

Martin hat geschrieben:.. Was passiert denn mit einem Lager, wenn es auf sagen wir mal 250° erhitzt wird? Ab wann läuft ein Lager an?...
Anlassfarben beginnen etwa bei 200°C aufzutreten (natürlich mit Variationen durch die Legierung):
https://de.wikipedia.org/wiki/Anlassen

Für den typischen Wälzlagerstahl 100Cr6 findet man die Angabe, dass zur Einstellung der gewünschten Härte Anlasstemperaturen von 100°C bis 180°C vorgesehen sind, in manchen Datenblättern auch 150°C bis 180°C.

Wenn das erste Weißgelb auftritt, ist man also schon darüber, dadurch wird das Gefüge schon verändert und die Härte reduziert. Zusätzlich hat auch die Haltezeit auf dieser Temperatur einen Einfluss, je länger desto stärker der Einfluss.
Ob das Lager dann direkt versagt, trotzdem hält oder nur mehr oder weniger früher ausfällt, hängt dann, neben der Gefügeveränderung, auch von der Belastung im Einsatz ab.

Gruß
Andreas
Norton
Jehooova!!!
Beiträge: 3935
Registriert: Freitag 13. Juli 2007, 00:35
Wohnort: Ammerndorf

Re: Erwärmen von Wälzlagern

Beitrag von Norton »

Ein Lager im Backofen totheizen geht problemlos. Selbst schon geschafft, war schon fast blau.
Gibt doch heute für kleines Geld Laserthermometer, für alle diejenigen, denen der feuchte, zischende Finger zu ungenau ist. Mit hat der bis jetzt immer gereicht.
Wenn ich einen heissen Kopf aus dem Backofen nehme und den Ventilsitzring, oder Führung einschrumpfe, verfärben die sich von der Hitze vom Kopf. So viel schafft ein normaler Küchenherd!

Gruß. Martin.
Jung sein ist keine Frage des Alters.
Antworten